Kuriose Fahrgäste und brenzlige Situationen
Im Taxi: Aggressionen gehören nicht ans Steuer
Ob in der Großstadt oder auf dem Land: Mehr als 99.000 registrierte Taxis gibt es in Deutschland. Was erleben deren Fahrerinnen und Fahrer im Berufsalltag und wie blicken sie auf den Straßenverkehr? #mehrAchtung hat nachgefragt.
Sie kennen jede Straße ihrer Region, begegnen täglich den unterschiedlichsten Menschen und prägen das Stadtbild mit ihren elfenbeinfarbenen Autos. Wie nehmen Taxifahrerinnen und -fahrer den Straßenverkehr wahr? Was bleibt besonders in Erinnerung? Und was sind ihre schönsten Erlebnisse?

Susanne Kaufmann fuhr 40 Jahre lang Taxi in Wuppertal. Heute arbeitet sie als Betriebsleiterin für große Taxiunternehmen und ist für die Hilfsorganisation „Das Elchprojekt“ weiterhin täglich im Straßenverkehr unterwegs.
Es wird aggressiver gefahren als noch vor ein paar Jahren. Ich beobachte oft, dass andere zu schnell und zu wenig defensiv fahren. Was ich mir von anderen im Straßenverkehr wünsche, ist, dass sie ihre Alltagsprobleme oder Aggressionen nicht mit ans Steuer nehmen. Sie sollten gelassen bleiben, rücksichtsvoll fahren und sich in die Situation der anderen hineinversetzen.
In kritischen Fahrsituationen kommt es darauf an, wie gelassen man damit umgeht. Ich bin nicht der Typ, der andere anhupt oder belehrt. Wenn man viel fährt, muss das nicht unbedingt Nerven kosten.
Susanne Kaufmann, war 40 Jahre Taxifahrerin in Wuppertal.
Einmal habe ich eine ältere Dame, kurz bevor sie ins Hospiz kam, zu Orten gefahren, an die sie schöne Erinnerungen hatte. Das war wirklich etwas Besonderes. Solche Erfahrungen zeigen, dass jeder Moment kostbar ist und man das Leben schätzen sollte.
Von Wuppertal nach Paris
Meine kurioseste Fahrt war auch gleichzeitig die längste, die ich am Stück gemacht habe. Sie ging von Wuppertal nach Paris. Der Fahrgast hatte Streit mit seiner Freundin, die zu einem Ex-Freund nach Paris gefahren war. Er wollte ihr so schnell wie möglich folgen. Also sind wir losgefahren.
In Paris angekommen, habe ich mir einen ruhigen Ort zum Schlafen gesucht. Nach einiger Zeit habe ich einige aufgeregte Leute um mein Taxi herum bemerkt. Ohne es zu merken, hatte ich mir tatsächlich einen Friedhof als Schlafplatz ausgesucht! Das war zu nächtlicher Stunde nicht zu erkennen.

Alem D. fährt seit 15 Jahren Taxi in Frankfurt am Main und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
Wenn sich alle an die Verkehrsregeln halten und den Situationen angepasst fahren würden, wäre schon vieles besser. Aber ich bringe viel Geduld mit und lasse mich nicht provozieren. Streitereien gehe ich aus dem Weg. Immer nach dem Motto: Der Klügere gibt nach.
Alem D., Taxifahrer aus Frankfurt am Main
Bei den Fahrgästen ist Musik ein großes Thema. Manche bestehen darauf, dass ich die Musik aufdrehe, oder noch schlimmer: Sie spielen selbst laute Musik aus ihren Lautsprechern. Das ist sehr anstrengend und macht es mir schwer, mich zu konzentrieren.

Auch durch Passagiere kann es gefährlich werden
Ein Paar stieg bei mir nach einem Clubbesuch ins Taxi. Beide waren sehr stark angetrunken und fingen an, zu streiten. Die Situation eskalierte ziemlich schnell. Die Frau hat damit gedroht, mitten auf der Autobahn die Tür zu öffnen. An der nächstmöglichen Ausfahrt bin ich auf die Landstraße abgefahren. Das erschien mir sicherer.
Dort hat die Frau dann tatsächlich während der Fahrt die Tür geöffnet. Natürlich habe ich sofort gebremst. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich als Taxifahrer die komplette Verantwortung für meine Fahrgäste trage. Seitdem befördere ich keine völlig betrunkenen Fahrgäste mehr, denn manche sind in ihrem Rausch unberechenbar.
Thomas Koch ist seit acht Jahren Taxifahrer in Breisach, Baden-Württemberg. Die meisten kritischen Situationen erlebt er, wenn andere ihm die Vorfahrt nehmen.
Nächtlicher Wildwechsel ist für uns im ländlichen Gebiet ein großes Thema. Von Rehen über Wildschweine bis hin zu Füchsen laufen hier nachts einige Tiere über die Landstraßen. Bisher hatte ich aber fast immer Glück und konnte ausweichen oder scharf bremsen. Nur einmal ist mir in letzter Sekunde ein Fuchs vor die Stoßstange gelaufen. Ich bin froh, dass ich in diesem Moment keinen Fahrgast im Taxi hatte.
Eines der größten Risiken ist aber, wenn mir andere die Vorfahrt nehmen. Einige Male konnte ich nur noch durch beherztes Bremsen einen Unfall verhindern. Es gab Tage, da habe ich zehn Beinahe-Unfälle erlebt. Deshalb fahre ich immer so vorrausschauend wie möglich, besonders dann, wenn ich mich einer unübersichtlichen Kreuzung nähere oder in engen Seitenstraßen unterwegs bin.
Diese Geschichten zeigen: Im Straßenverkehr geht es nicht nur um das Einhalten von Verkehrsregeln, sondern auch um gegenseitige Rücksichtnahme, Verständnis und Geduld. Und aus der Perspektive der Fahrgäste: Hier ist statt Ablenkung der Taxifahrenden entspanntes Zurücklehnen angesagt. Damit wir alle sicher ans Ziel kommen.
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