Wenn die Straße zur Baustelle wird
Ein Blick hinter die Absperrungen
Mitten im Straßenverkehr zu arbeiten, erfordert Mut. Für Straßenbauer Dominik Trömel ist diese Herausforderung Alltag. Eine Reportage.
Staub wirbelt auf, schwere Maschinen dröhnen unaufhörlich. Wo sonst im Sekundentakt Menschen auf Fahrrädern, in Autos, Lkw und Straßenbahnen über das graue Pflaster der breiten Kreuzung brausen, zwängen sich nun ungeduldige Verkehrsteilnehmende durch eine schmale Gasse, gesäumt von orange blinkenden Warnleuchten.
Mitten in diesem Verkehrsgewühl arbeitet ein Team von Straßenbauern mit stoischer Ruhe. Ihr Einsatzort: die Wehlener Straße im Dresdner Stadtteil Tolkewitz, eine der größten Baustellen der Stadt.
Neben Dominik Trömel vom Bauunternehmen Wolff & Müller donnert ein Lkw vorbei. Der Straßenbauer steht im Zentrum der Baustelle, auf einer Verkehrsader Richtung Innenstadt, die noch bis Ende 2025 saniert wird. Eine Mammutaufgabe, die Geduld von allen Beteiligten fordert.

Die Baustelle, eine umfassende Straßen- und Kanalsanierung inmitten einer normalerweise stark frequentierten Kreuzung, stellt eine immense logistische Herausforderung dar. Absperrungen, Umleitungen, Ampelschaltungen – ein komplexes Zusammenspiel, das perfekt aufeinander abgestimmt sein muss. Ziel ist es, den Verkehrsfluss so wenig wie möglich zu beeinträchtigen und gleichzeitig einen sicheren Arbeitsbereich zu gewährleisten.

Alltag zwischen Staub und Ungeduld
„Sicherheit ist das A und O. Auf der Baustelle achtet jeder auf den anderen. Man muss seine Augen überall haben“, betont Trömel, während er sich den Schweiß von der Stirn wischt. Wenn ein Baustellenfahrzeug die Straße passiert, um Schotter, Maschinen oder Leitungen anzuliefern, räumt der Straßenbauer routiniert die rot-weiß gestreifte Bake zur Seite. An diesem Ort, wo Geschwindigkeit und Hektik dominieren, ist Trömel für die Sicherheit verantwortlich – seine eigene, die seiner Kolleginnen und Kollegen und die aller Verkehrsteilnehmenden.
Der 27-jährige Trömel legt heute den Grundstein für ein wichtiges Projekt: den Austausch der alten Wasserleitungen des städtischen Wasserwerks. Die neuen Transportleitungen, die das Team in wenigen Tagen verlegt, haben einen Durchmesser von rund einem Meter und erfordern aufwändige Vorarbeiten. Für die Demontage und Montage sind drei Wochen veranschlagt.
Unterirdische Schwerstarbeit
Ein massiver Stahlverbau hält die Erdmasse zurück, um Platz für die späteren Arbeiten zu schaffen. Die Gräben dafür sind etwa drei Meter tief. Darin schaufelt Trömel die Erde um, winkt und koordiniert seinen Kollegen im Bagger, dem er präzise Anweisungen gibt. Die Zusammenarbeit mit den anderen Gewerken schätzt der Facharbeiter sehr. „Wir helfen uns untereinander, um etwas zu erreichen“, erläutert er. Gegenseitig sichern sie sich bei den gefährlichen Arbeiten ab, während nur wenige Meter entfernt der Verkehr vorbeirauscht.
Lieber einmal mehr aufpassen
Die ständige Wachsamkeit begleitet Trömel auch in seiner Freizeit. Anfangs hatte er großen Respekt vor der Arbeit im direkten Straßenverkehr, wo oft nur Leitbaken oder Bauzäune ihn und sein Team schützen. „Man muss immer wachsam sein“, betont er.
Neben der körperlichen Anstrengung sei das nicht immer einfach, denn die Konzentration dürfe nie nachlassen. Ein kleiner Fehler könne fatale Folgen haben.
Wer den Dresdner beobachtet, merkt schnell: Er ist stets aufmerksam. Beim Überqueren der Straße richtet er seinen Blick immer auf den Verkehr, Autos dürfen nicht unbemerkt hinter ihm vorbeifahren. Eine Gewohnheit, die sich tief eingeprägt hat. Diese sicheren Verhaltensweisen werden den Facharbeitern in regelmäßigen Schulungen vermittelt. „Ich achte zum Beispiel darauf, dass nichts im Weg liegt, worüber ich stolpern könnte, oder dass ich immer hinter dem Bauzaun gehe, um nicht in den Verkehr zu geraten.“ Auch die vorgeschriebene Schutzkleidung in leuchtenden Farben mit reflektierenden Streifen schützt die Facharbeiter auf der Baustelle. Helme und Sicherheitsschuhe sind obligatorisch. „Sichtbarkeit ist lebenswichtig“, sagt Trömel und deutet auf seine Kleidung.

Die Nähe zum schnellfließenden Verkehr kennt Trömel auch von Baustellen außerhalb der Stadt, zum Beispiel auf der Autobahn. „Die Fahrzeuge rauschen sehr schnell vorbei. Vor allem die Lautstärke ist sehr belastend“, sagt er. „Ohne Gehörschutz wäre die Arbeit unmöglich“. Doch der Lärm ist nur eine von vielen Herausforderungen.
Die hohen Geschwindigkeiten auf der Schnellstraße erfordern viel Aufmerksamkeit – von allen. Ein ständiger Wettlauf mit dem Verkehr, bei dem die Konzentration nie nachlassen darf. „Wenn jemand abgelenkt ist, gerade einschläft oder mit dem Handy spielt, wird es für uns gefährlich.“ Das könne zu Unfällen führen. Ihm selbst sei zum Glück noch nichts passiert.
So bewegen Sie sich sicher durch eine Baustelle
Beschilderung beachten: Befolgen Sie Warnschilder, Umleitungen und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Bitte nur ausgewiesene Wege benutzen, auch wenn Sie zu Fuß unterwegs sind und eine vermeintliche Abkürzung über die Baustelle lockt.
Reduzieren Sie Ihre Geschwindigkeit: Fahren Sie langsam und vorsichtig, damit Sie rechtzeitig auf unerwartete Situationen reagieren können.
Erhöhen Sie den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug: So haben Sie mehr Zeit zum Reagieren, falls dieses plötzlich bremsen muss.
Folgen Sie den Anweisungen des Baustellenpersonals: Die Facharbeiterinnen und Facharbeiter kennen die Gefahren vor Ort am besten. Achten Sie auf Baufahrzeuge, die sich eventuell auf der Baustelle befinden. Halten Sie Abstand zum Baustellenpersonal!
Bleiben Sie aufmerksam: Rechnen Sie mit unerwarteten Hindernissen, Änderungen der Verkehrsführung und Personen, die zu Fuß unterwegs sind.
Achten Sie auf den Untergrund: Der Boden kann uneben, matschig oder rutschig sein. Passen Sie Ihre Geschwindigkeit und Ihren Fahrstil entsprechend an.
Vermeiden Sie Ablenkungen: Konzentrieren Sie sich voll und ganz auf den Verkehr.
Seien Sie rücksichtsvoll: Nehmen Sie Rücksicht auf das Baustellenpersonal und andere Verkehrsteilnehmende.
Seitdem er 17 Jahre alt ist, arbeitet Dominik Trömel auf Straßenbaustellen. Ein Jahrzehnt, das auch seine Perspektive auf den Straßenverkehr verändert hat, seine Sinne geschärft. Im Straßenverkehr achtet er nun viel stärker auf andere. Auf dem Mountainbike fährt er vorausschauender, hält bei Gelb anstatt zu beschleunigen und kalkuliert Fehler anderer Verkehrsteilnehmender ein. Selbst als Fußgänger ist er vorsichtiger.
Neben der Kanalsanierung schaffen Trömel und seine Kollegen neue Verkehrswege: Radwege, die den Verkehr entlasten, Straßenbahngleise, die die Stadt verbinden, barrierefreie Gehwege, die Inklusion fördern. Sie erneuern Fahrbahndecken und gestalten die Stadt von morgen. „Wir sorgen dafür, dass in Zukunft alle sicher ans Ziel kommen", erklärt Trömel mit Stolz.

Und wie reagieren die Anwohnerinnen und Anwohner auf die Baustellen, die Lärm und Umwege mit sich bringen? „Hier an der Kreuzung sind sie verständnisvoll und interessiert“, sagt Trömel. Viele Eltern besuchen mit ihren Kindern die Baustelle, die fasziniert von den großen Maschinen sind. „Wir haben sogar schon Eis und Kaffee geschenkt bekommen“, erzählt er lachend.
Klar, es gibt auch mal Kritik, wenn Trömel in der Sommerhitze zur Wasserflasche greift, was manche als Faulheit interpretieren, oder sich die Wegeführung für Fußgängerinnen und Fußgänger ändert. Doch Trömel und sein Team nehmen die Sorgen der Nachbarschaft ernst. „Wir müssen gewährleisten, dass alle sicher und ohne Probleme ans Ziel kommen“, betont er.
„Durch die Bauarbeiten ändern sich manchmal die Wege. Aber wir achten immer darauf, dass es überall Rampen gibt. Das ist besser für Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen.“
Asphalt-Dschungel
Unter dem Asphalt verbirgt sich mehr als nur Erdreich und Leitungen. Für Dominik Trömel und seine Kollegen ist die Arbeit oft wie ein ständiges Zusammensetzen von unbekannten Teilen. „Manchmal fühlt sich die Arbeit wie ein Puzzle an. Welche Leitung liegt wo? Wo sind die Anschlüsse angebracht?", beschreibt Trömel die Herausforderungen unter der Oberfläche.
Die Abwechslung schätzt er, doch die Überraschungen sind nicht immer erfreulich. „Es passieren immer wieder unvorhergesehene Momente", sagt Trömel. „Zum Beispiel, wenn man beim Graben im Untergrund auf Kampfmittel wie alte Panzerfaustmunition stößt.“ Der Asphalt-Dschungel wird dann zum Minenfeld, die Baustelle zur Gefahrenzone.
Gemeinsame Verantwortung für mehr Verkehrssicherheit
In solchen Momenten können Facharbeiterinnen und Facharbeiter auf zusätzliche Gefahren durch den Straßenverkehr gut verzichten. Sie setzen sich täglich dafür ein, dass die Straßen sicher sind, doch im Gegenzug wünschen sie sich mehr Verständnis und Rücksicht von den Verkehrsteilnehmenden.
„Wenn sich alle ans Tempo halten und auf der Fahrspur bleiben, dann schützen Sie sich und mich“, appelliert Trömel. Ein Appell an die Vernunft, an die gemeinsame Verantwortung für die Sicherheit auf den Straßen. Gegenseitige Rücksichtnahme und Achtsamkeit sind der Schlüssel damit alle sicher nach Hause kommen.
Bilder: Stephan Floss
Die Autobahn als Arbeitsplatz: Wer vorausschauend, rücksichtsvoll und achtsam fährt, trägt maßgeblich zur Verkehrssicherheit aller bei. Die Aktion der Verkehrssicherheitskampagne „Runter vom Gas" stellt verschiedene Berufsgruppen in den Mittelpunkt.






