In ländlichen Regionen
Sicher unterwegs mit dem Jugendtaxi
Drei Taxiunternehmen bringen junge Menschen in der Verbandsgemeinde Hachenburg bequem und günstig nach Hause.
Es ist 2 Uhr nachts, der Bus fährt nicht mehr und die Eltern schlafen schon – ein bekanntes Problem für Jugendliche in ländlichen Regionen. In dünn besiedelten Gebieten ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) oft nicht so gut ausgebaut wie in größeren Städten. Vor allem nachts geht gar nichts mehr. Die Folge: Junge Menschen kommen von Partys, vom Kino oder vom Besuch bei Freundinnen und Freunden nur schwer nach Hause. Um ihre Mobilität zu fördern und den Heimweg sicherer zu machen, gibt es in der Verbandsgemeinde Hachenburg in Rheinland-Pfalz seit vielen Jahren ein Jugendtaxi.
Drei Taxiunternehmen bieten den Service in der rund 25.000 Einwohnerinnen und Einwohner großen Verbandsgemeinde im Westerwald an. Im Gegensatz zu einem Ruf- oder Sammeltaxi bietet das Jugendtaxi viele Vorteile: „Die Jugendlichen müssen den Fahrdienst nicht im Voraus buchen. Ein Anruf genügt und das Taxi macht sich auf den Weg“, sagt Bürgermeisterin Gabriele Greis.
Ein Anruf genügt
Jugendliche und junge Erwachsene können das Angebot an Wochenenden sowie an und vor Feiertagen nutzen. Es steht ihnen von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag jeweils von 20 bis 5 Uhr sowie von Sonntag auf Montag und an Feiertagen von 20 bis 24 Uhr zur Verfügung. Es gibt nur zwei Bedingungen: Sie müssen zwischen 14 und 21 Jahre alt sein und in der Verbandsgemeinde wohnen.
Vor Fahrtantritt müssen die Gäste ihren Ausweis vorzeigen. Jugendliche unter 16 Jahren dürfen das Angebot nur mit Zustimmung der Eltern und bis 23 Uhr nutzen. Sie müssen einen von einem Elternteil unterschriebenen Mitfahrschein vorweisen.
Angebot kombiniert Mobilität mit Jugendschutz
„Das Angebot fördert nicht nur die Mobilität der Jugendlichen, sondern trägt auch zum Jugendschutz bei“, sagt Ralf Seelbach. Er ist Leiter des Jugendzentrums in Hachenburg und kennt die jungen Menschen gut. „Mit dem Jugendtaxi wollen wir verhindern, dass Jugendliche alkoholisiert Auto fahren.“ Es kommt immer wieder vor, dass Menschen im Alter von 15 bis 21 Jahren alkoholisiert einen Unfall mit Personenschaden verursachen. Im Jahr 2023 war das 1.097 Mal der Fall. Zudem gibt es den Service nur am Wochenende und an gesetzlichen Feiertagen. „So vermeiden wir, dass Jugendliche unter der Woche nachts unterwegs sind, und womöglich übermüdet in der Schule sitzen“, ergänzt Greis.
Die Verbandsgemeinde bezuschusst das Angebot: Die beförderten Personen zahlen nur die Hälfte einer herkömmlichen Taxifahrt. Zudem besteht die Möglichkeit, das Jugendtaxi als Gruppe zu nutzen und Kosten zu sparen. „Wenn die Fahrgäste unterschiedliche Ziele haben, weil der eine in der einen und der andere in der nächsten Ortsgemeinde wohnt, wird die gemeinsame Fahrzeit geteilt und die zusätzliche Strecke zahlt dann jeder für sich“, erklärt Greis.
Jugendparlament gestaltete Angebot mit
Die Idee für ein Jugendtaxi kam von den Hachenburger Jugendlichen selbst: „Sie haben uns immer wieder erzählt, dass ihre Mobilität aufgrund der Gegebenheiten in der Region stark eingeschränkt ist“, sagt Greis. Daraufhin nahm sich der Verbandsgemeinderat des Themas an. Das Jugendparlament, das die Interessen junger Menschen in der Verbandsgemeinde vertritt, half bei der Umsetzung. Am 1. November 2011 ging das Angebot an den Start.
Mittlerweile gibt es das Jugendtaxi seit 13 Jahren – mit großem Erfolg. Im Jahr 2023 haben die Taxiunternehmen rund 800 Personen sicher nach Hause gebracht. Auch wenn die Zahl seit der Corona-Pandemie zurückgegangen sei, weil es weniger Veranstaltungen gebe, leiste der Service einen wichtigen Beitrag. „Jede einzelne Fahrt ermöglicht eine sichere Heimkehr und schützt unsere Jugendlichen“, resümiert Greis. Ein positiver Nebeneffekt: Das Angebot entlaste auch die Eltern, die oft als Abholer einspringen müssen.
Kooperationen eingehen und Jugendliche einbinden
Ähnliche Konzepte gibt es inzwischen vielerorts in Deutschland. Die Bürgermeisterin empfiehlt Städten und Gemeinden, die ein Jugendtaxi einführen wollen, Kooperationen mit Nachbarorten einzugehen. „Ein solches Angebot sollte nicht an der Gemeindegrenze enden. Es lohnt sich zu prüfen, wohin die Verkehrsströme gehen. Dann kann man das Angebot entsprechend ausgestalten.
Außerdem rät die Bürgermeisterin, dass man die Jugendlichen in die Entwicklung des Angebots mit einbeziehen sollte. „Sie wissen, worauf es ankommt und was zu beachten ist. Das Verantwortungsbewusstsein der Jugendlichen ist groß.“
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