Mythos oder Wahrheit: #mehrAchtung klärt auf
Was stimmt wirklich?
Koffein hilft gegen Sekundenschlaf und in medizinischen Notfällen darf man auch mal zu schnell unterwegs sein: Bei vielen Themen rund um den Straßenverkehr regiert das Halbwissen. #mehrAchtung klärt auf, was davon richtig ist und was nicht.
1. Koffein hilft gegen Sekundenschlaf – stimmt das?
Nein – das Einzige, was gegen Sekundenschlaf hilft, ist Schlaf. Also: Parken, zurücklehnen und Augen zu. Sonst kann es im Straßenverkehr gefährlich werden. Denn je müder man ist, desto abgelenkter fährt man. Auch die Reaktionsfähigkeit lässt nach. Der Power-Nap sollte jedoch nicht länger als 20 Minuten dauern, damit man nicht in die Tiefschlafphase abgleitet. Ein Kaffee oder ein anderes koffeinhaltiges Getränk vor dem Nickerchen kann die wach machende Wirkung allerdings verstärken – denn Koffein gelangt erst nach 30 Minuten in den Blutkreislauf. Ohne zusätzlichen Schlaf macht Koffein bei Müdigkeit aber nicht wacher.
2. Bis zu 0,5 Promille Alkohol im Blut sind am Steuer erlaubt – stimmt das?
Nein – zumindest für Fahrende, die noch in der Probezeit sind oder unter 21 Jahren. Sie dürfen überhaupt keinen Alkohol im Blut haben: Sobald sie mehr als 0,0 Promille Alkohol im Blut haben, droht ihnen ein Bußgeld von 250 Euro und ein Punkt in Flensburg. Für erfahrene Fahrende gilt das Fahren ab 0,5 Promille Alkohol im Blut als Ordnungswidrigkeit. (Vorsicht: Ein Verstoß liegt bereits ab 0,5 Promille vor, nicht erst ab einem höheren Wert!). Ab 1,1 Promille gelten sie dann als „absolut fahruntüchtig“. Allerdings gibt es noch die „relative Fahruntüchtigkeit“, die bereits bei 0,3 Promille vorliegen kann. Hier kommt es auf sogenannte „Ausfallerscheinungen“ an: Fahren in Schlangenlinien, leichtsinnige Fahrweise oder Torkeln beim Aussteigen aus dem Fahrzeug. Bei manchen Menschen ist das bei 0,3 Promille noch nicht der Fall, bei anderen schon. Je nach Fahrverhalten oder Auswirkungen der Alkoholisierung kann es sich also trotz geringer Blutalkoholkonzentration um eine Straftat handeln, die mit unterschiedlich hohen Bußgeldern, Fahrverboten und Punkten geahndet wird. Im Extremfall und bei akuter Gefährdung anderer Verkehrsbeteiligter kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren drohen.
3. Muss man am rechten Fahrbahnrand anhalten, wenn sich von hinten ein Fahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn nähert?

Nein – entscheidend ist, dass die Einsatzfahrzeuge durchkommen. Alle anderen Fahrzeuge müssen gemäß § 38 Abs. 1 StVO freie Bahn schaffen. Wer Einsatzfahrzeuge behindert, muss mit einem Verwarnungsgeld von 20 Euro rechnen. Bahn frei machen heißt zwar in vielen Fällen genau das: ganz rechts ranfahren und dort entweder anhalten oder langsam weiterfahren. Im Stadtverkehr kann es jedoch sinnvoll sein, nach links auf eine Abbiegespur auszuweichen. Wenn sich die Bahn nur frei machen lässt, indem man über eine rote Ampel oder auf einen Gehweg fährt, ist das in dieser Situation angemessen und in Ordnung. Bei Unfällen auf mehrspurigen Fahrbahnen ist sofort eine Rettungsgasse zu bilden, damit Fahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn schnellstmöglich zur Unfallstelle gelangen können.
4. Muss ich die Rettungsgasse erst bilden, wenn ich hinter mir Blaulicht sehe oder Sirenen höre?
Nein. Laut aktueller Rechtsprechung sollten Auto- und Motorradfahrende auf Autobahnen oder mehrspurigen Außerortsstraßen bereits bei Stau oder Schrittgeschwindigkeit mit der Bildung einer Rettungsgasse beginnen – unabhängig von Warnsignalen wie Martinshorn oder Blaulicht. Wer auf dem linken Fahrstreifen unterwegs ist, weicht dafür nach links aus. Auf allen übrigen Fahrstreifen bewegen sich die Fahrenden nach rechts. Bei Annäherung an einen Stau darf man kurzzeitig das Warnblinklicht einschalten, um andere zu warnen. Und ebenfalls wichtig: Der Standstreifen bleibt grundsätzlich frei, außer, die Polizei fordert explizit zum Befahren auf oder es gibt aus Platzgründen keine andere Möglichkeit, eine Rettungsgasse zu bilden. Platzmangel besteht zum Beispiel häufig bei Baustellen. In diesen Fällen empfiehlt es sich, dass alle Fahrzeuge möglichst nach rechts fahren, damit Rettungswagen, Feuerwehr oder Polizei sowie Arzt- und Abschleppfahrzeuge links vorbeikommen. Nur diese Einsatzfahrzeuge dürfen übrigens in der Rettungsgasse fahren. Verkehrsteilnehmenden, die keine Rettungsgasse bilden oder die Rettungsgasse unberechtigt befahren, drohen laut Bußgeldkatalog bis zu 320 Euro, zwei Punkte in Flensburg und ein Monat Fahrverbot.
5. Darf ich weiterfahren, wenn ich beim Ausparken einen anderen Pkw angestoßen habe, aber keinen Schaden sehe?
Nein, bei einem sogenannten Parkschaden, also einem Zusammenstoß mit einem anderen Auto beim Ein- oder Ausparken, sollten Autofahrende nicht einfach weiterfahren – selbst wenn sie keinen Schaden sehen. Auch bei einem Bagatellschaden kann dies den Tatbestand der Fahrerflucht erfüllen. Schließlich besteht immer die Möglichkeit, dass es einen versteckten Schaden gibt, der nicht auf den ersten Blick sichtbar ist. Deshalb ist es wichtig, nach einer Kollision mit einem anderen Auto die Versicherungs- und Personendaten mit der Halterin oder dem Halter dieses Fahrzeugs auszutauschen. Dazu müssen die Unfallverursacher gegebenenfalls eine „angemessene“ Zeit warten, bis die Person zurückkommt (diese Zeitspanne wird juristisch nicht näher definiert). Erscheint diese nicht, melden sie den Vorfall bei der Polizei. Es reicht nicht aus, einen Zettel an der Windschutzscheibe zu hinterlassen. Außerdem sollte die Verursacherin bzw. der Verursacher den Schaden schnellstmöglich der Haftpflichtversicherung melden. Diese übernimmt die anfallenden Reparaturkosten.

6. Darf ich schneller fahren und zur Not auch über rote Ampeln fahren, wenn ich eine verletzte Person im Auto ins Krankenhaus bringe?
Leider enthält weder das Straßenverkehrsgesetz noch die Straßenverkehrsordnung (StVO) eine genaue Regelung darüber, in welchen Situationen Autofahrende die erlaubte Höchstgeschwindigkeit ausnahmsweise überschreiten dürfen. Dies ist nur für Rettungsfahrzeuge in der StVO eindeutig geregelt.
Grundsätzlich gilt: Auch wenn man eine verletzte Person ins Krankenhaus bringt, muss man sich an die normalen Verkehrsregeln halten. Andernfalls drohen Bußgeldbescheide und ein mögliches Fahrverbot. Allerdings gilt keine Regel ohne Ausnahme. Bei medizinischen Notfällen kann es im Einzelfall erlaubt sein, die zulässige Geschwindigkeit zu überschreiten. Die Hürden dafür sind aber hoch. Ein blutiger Finger reicht in der Regel nicht aus für einen erfolgreichen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid; wenn durch die Geschwindigkeitsüberschreitung jedoch Menschenleben gerettet werden konnten, wäre das laut dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten ein sogenannter rechtlicher „Notstand“. In einer solchen Extremsituation sollten Autofahrende jedoch kritisch prüfen, ob sie selbst noch verkehrssicher Auto fahren können. In den meisten Fällen ist es besser, einen Rettungswagen mit Notarzt zu rufen.
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