Sicherheitstipps für Wohnmobilreisende
Wohnmobilurlaub: So reisen Sie sicher
Immer mehr Menschen lieben es, Urlaub mit dem Wohnmobil zu machen. Doch mit der steigenden Beliebtheit kann die Unfallgefahr steigen. Erfahren Sie, wie Sie Risiken minimieren, Ihr Wohnmobil richtig beladen und sicher fahren – mit unseren Expertentipps für eine unfallfreie Reise.

Freiheit, Flexibilität, die Möglichkeit, spontan neue Orte zu entdecken, und das Gefühl, das eigene Zuhause immer dabei zu haben – für viele ist das Reisen auf vier Rädern der Inbegriff des perfekten Urlaubs. Wohnmobilurlaub erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. Das belegt auch die stark gestiegene Zahl der in Deutschland zugelassenen Wohnmobile: Im April 2025 waren erstmals mehr als eine Million Fahrzeuge im Zentralen Fahrzeugregister (ZFZR) registriert. Seit 2017 hat sich der Bestand dieser Fahrzeuge sogar mehr als verdoppelt.
Doch die Risiken von Wohnmobilen werden oft unterschätzt – nicht nur von den Fahrenden selbst, sondern auch von anderen Verkehrsteilnehmenden. Zwar ist die Zahl der Wohnmobilunfälle mit Personenschaden im Jahr 2024 auf 686 gesunken (2019 waren es 920), jedoch gab es 2024 mehr Todesopfer: 16 Menschen starben, 2019 waren es 12 Menschen. Zwei der Getöteten und 45 der 179 Schwerverletzten waren dabei Wohnmobilinsassen.
Wie können Sie als Wohnmobilfahrende sicherer unterwegs sein? Wir geben Ihnen wertvolle Sicherheitstipps für Ihren Urlaub.
Die unterschätzten Risiken: Warum Wohnmobile anders sind
„Der Boom des Campings hat dazu geführt, dass immer mehr Einsteigerinnen und Einsteiger unterwegs sind, die sich mit den Besonderheiten ihres Wohnmobils erst vertraut machen müssen“, erläutert Philipp Mathey, Pressesprecher des Automobil-Club Verkehr e. V. (ACV). Wohnmobile unterscheiden sich erheblich von herkömmlichen Pkw – in Größe, Gewicht und Reaktion. Diese Eigenschaften beeinflussen das Fahrverhalten maßgeblich und bergen spezifische Herausforderungen:
Längere Bremswege: Das höhere Fahrzeuggewicht verlängert den Bremsweg erheblich.
Träges Lenkverhalten: Wohnmobile reagieren langsamer auf Lenkbewegungen.
Größerer Wendekreis: Rangieren und Abbiegen in Kurven erfordern mehr Platz und Präzision.
Seitenwindempfindlichkeit: Besonders auf Brücken oder bei Überholvorgängen kann Seitenwind das Fahrzeug stark beeinflussen.
Toter Winkel: Gerade bei größeren Aufbauten sind die eingeschränkte Sicht nach hinten und zur Seite eine große Herausforderung, zum Beispiel beim Spurwechsel. Auch der Bereich vor dem Fahrzeug ist bei manchen Wohnmobilen nur schlecht einsehbar.
Ein weiterer Faktor ist die mangelnde Übung, besonders bei Leihfahrzeugen. „Das steigert die Unfallgefahr, vor allem auf engen Landstraßen, an Steigungen oder bei plötzlich auftretenden Gefahrensituationen“, sagt der ACV-Experte. Hinzu kommt, dass viele Camperinnen und Camper lange Tagesetappen planen und übermüdet fahren, wodurch sich die Unfallgefahr zusätzlich erhöht.
Vorbereitung ist alles: So starten Sie sicher in den Urlaub mit dem Wohnmobil
Eine sorgfältige Planung ist die Basis für eine unbeschwerte und sichere Reise.
Die Probefahrt: „Vor der ersten Reise empfiehlt sich eine ausgiebige Probefahrt, idealerweise auf verschiedenen Straßentypen – inklusive Rangieren, Rückwärtsfahren und Einparken“, rät ACV-Experte Philipp Mathey. Üben Sie Fahrmanöver auf einem freien Gelände, um ein Gefühl für Breite, Höhe und Länge des Fahrzeugs zu entwickeln.„Auch das Befahren enger Straßen oder Kreisverkehre sollten Wohnmobilfahrende im Vorfeld üben.“
Fahrsicherheitstraining: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann ein spezielles Fahrsicherheitstraining für Wohnmobile absolvieren. Hier lernen Sie den Umgang mit schwierigen Situationen wie Notbremsungen und Ausweichmanövern.
Technische Kontrolle: Prüfen Sie vor jeder Fahrt den Reifendruck (inklusive Reserverad), den Öl- und Kühlflüssigkeitsstand sowie die Beleuchtung.
Gewicht prüfen: Überschreiten Sie niemals das zulässige Gesamtgewicht Ihres Wohnmobils. Wiegen Sie Ihr Fahrzeug vor Fahrtantritt, um eine Überladung auszuschließen. Das geht laut ACV etwa bei Recyclinghöfen, Speditionen oder Wohnmobilhändlern. Das zulässige Gesamtgewicht und die maximale Achslast finden Sie in der Zulassungsbescheinigung Teil I.

Die richtige Beladung: Tipps für Reisen mit dem Wohnmobil
Ein häufig unterschätztes Risiko ist die falsche Beladung. Sie kann den Schwerpunkt des Fahrzeugs verändern und die Fahrstabilität massiv beeinträchtigen. „Überladung sowie eine ungünstige Gewichtsverteilung verlängern den Bremsweg und erhöhen insbesondere bei plötzlichen Ausweichmanövern die Kippgefahr“, warnt Philipp Mathey.
Strafe bei Überladung: Wenn das Wohnmobil zu schwer ist
Eine Überladung ist nicht gefährlich und deswegen auch strafbar. Mit der Fahrerlaubnis der Klasse B dürfen Sie mit Ihrem Wohnmobil ein Gesamtgewicht von maximal 3,5 Tonnen nicht überschreiten. Wer diese Grenze missachtet, muss mit Strafen und Bußgeldern rechnen.
Beispielsweise werden bei einer Überladung von 5 Prozent 10 Euro Bußgeld fällig. Bei einer Überladung von 30 Prozent sind es 235 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg. Im Ausland variieren die Sanktionen.
Achten Sie auf:
Gewichtsverteilung: Die Faustregel lautet: Schweres nach unten! Platzieren Sie daher schwere Gegenstände wie Gasflaschen oder Werkzeug möglichst tief und nah an den Achsen, idealerweise mittig zwischen Vorder- und Hinterachse.
Ladung sichern: Verwenden Sie Spanngurte, Antirutschmatten und Netze, um alles fest zu verzurren. Sichern Sie alles, was sich bewegen könnte, um ein Verrutschen während der Fahrt oder bei Bremsmanövern zu verhindern.
Gleichmäßige Verteilung: Verteilen Sie das Gewicht gleichmäßig über beide Fahrzeugseiten.
Anbauten beachten: Markisen, Fahrradträger oder Solaranlagen reduzieren die verfügbare Zuladung und müssen bei der Planung berücksichtigt werden.
Reifen: der oft vergessene Sicherheitsfaktor
Reifen sind entscheidend für die Sicherheit. „Wohnmobilreifen sind besonderen Belastungen ausgesetzt: Hohe Zuladung, lange Standzeiten und vergleichsweise geringe Fahrleistung fördern die Materialermüdung“, so ACV-Experte Philipp Mathey.
Reifendruck: Prüfen Sie den Reifendruck regelmäßig und passen Sie ihn an die tatsächliche Beladung an – idealerweise im kalten Zustand und vor jeder längeren Fahrt.
Alter: Tauschen Sie die Reifen spätestens nach sechs Jahren aus, auch wenn das Profil noch ausreichend ist. Achten Sie auf den Zusatz „CP“ (Camping), da diese Reifen speziell für Wohnmobile ausgelegt sind.
Sichtprüfung: Achten Sie auf Risse, poröse Stellen oder ungleichmäßigen Abrieb.
Die richtige Fahrtechnik für kritische Situationen
Auch die beste Vorbereitung ersetzt keine angepasste Fahrweise. Gerade in brenzligen Situationen, beispielsweise beim plötzlichen Bremsen oder Ausweichen, reagiert ein Wohnmobil anders als ein Auto.
Wichtige Tipps für eine sichere Fahrt:
Sicherheitsausrüstung: Alle Insassen müssen während der Fahrt angeschnallt sein. Warndreieck, Warnwesten, Feuerlöscher und Erste-Hilfe-Set sollten griffbereit sein.
Navigation vorbereiten: Prüfen Sie vorab, ob die Route Höhenbeschränkungen oder enge Stellen aufweist.
Bremsen und Rangieren üben: Üben Sie mit dem voll beladenen Fahrzeug auf einem sicheren Gelände.
Abstand halten: Planen Sie immer größere Abstände zum vorausfahrenden Fahrzeug ein, um auf längere Bremswege vorbereitet zu sein und um im Notfall genügend Reaktionszeit zu haben.
Sanfte Lenkbewegungen: Vermeiden Sie hektische Ausweichmanöver, da Wohnmobile leicht ins Schlingern geraten.
Seitenwind: Reduzieren Sie die Geschwindigkeit, halten Sie das Lenkrad mit beiden Händen fest und vergrößern Sie den Sicherheitsabstand.
Vorausschauend fahren: Holen Sie in Kurven und auf Landstraßen weit aus, passen Sie Ihre Geschwindigkeit stets den Gegebenheiten an – besonders bei schlechter Witterung oder Wind – und bremsen Sie rechtzeitig.
Spiegel nutzen: Kontrollieren Sie vor jedem Spurwechsel oder Abbiegen sorgfältig den toten Winkel.
Überholvorgänge: Planen Sie Überholmanöver sorgfältig und stellen Sie sicher, dass genügend Platz vorhanden ist.
Pausen sind wichtig: Lange Fahrten ermüden. Planen Sie regelmäßige Pausen ein, um fit und konzentriert zu bleiben.
Rücksicht nehmen: Denken Sie an andere Verkehrsteilnehmende. Ihr Fahrzeug hat eine andere Größe und ein anderes Gewicht, was Sie zu besonderer Vorsicht verpflichtet.
Kennen Sie die Abmessungen Ihres Wohnmobils!
Der Profi vom ACV empfiehlt: „Eine gut sichtbare Notiz mit Fahrzeughöhe, -breite und -länge im Cockpit – etwa als Aufkleber im Sichtfeld – hilft, kritische Situationen zu vermeiden. Die tatsächlichen Abmessungen sollten inklusive aller Anbauten gemessen und notiert werden, da sie oft deutlich von den Herstellerangaben abweichen.“
Rangieren und Parken: Herausforderungen beim Wohnmobil
„Unfälle beim Einparken oder Rangieren sind besonders häufig – etwa auf engen Campingplätzen, bei schlechter Sicht oder unter Zeitdruck nach langer Anreise“, erläutert Philipp Mathey.
Technische Hilfsmittel: Rückfahrkameras, Einparksensoren oder 360-Grad-Kamerasysteme erleichtern das Parken.
Einweisende Person: Eine zweite Person außerhalb des Fahrzeugs, die mit klaren Handzeichen einweist, ist besonders bei Rückwärtsfahrten oder Wendemanövern in engen Bereichen Gold wert.
Rundgang: Gehen Sie vor dem Rangieren einmal um das Fahrzeug, um Hindernisse wie niedrige Pfosten oder überhängende Äste zu erkennen.
Zusatzspiegel: Spiegelerweiterungen oder Zusatzkameras verbessern die Sicht nach hinten und zur Seite.
Ihre Verantwortung für sichereres Reisen
Ein entspannter Wohnmobilurlaub beginnt mit einer gründlichen Vorbereitung. Wer sich aktiv mit den Besonderheiten des Wohnmobilfahrens auseinandersetzt, das Fahrzeug beherrscht, Routen und Pausen sorgfältig plant und die Ladung sichert, trägt maßgeblich zur eigenen Sicherheit und zu der aller anderen Verkehrsteilnehmenden bei. So steht einer spannenden Entdeckungstour der Welt mit dem Wohnmobil nichts mehr im Wege.

Automobil-Club Verkehr (ACV)

Automobil-Club Verkehr (ACV)
Der ACV Automobil-Club Verkehr macht sich für ein besseres Miteinander und mehr Sicherheit im Straßenverkehr stark. Viele Probleme ließen sich durch eine Verhaltensänderung vermeiden. Deshalb setzt der ACV gezielt auf Prävention. Genau wie die Initiative #mehrAchtung sprechen wir die Probleme an – klar und deutlich, aber nie mit erhobenem Zeigefinger.
Bilder: Shutterstock, ACV


