Don’t drink and drive!
Alltagskonsum: ein unterschätztes Risiko
Feierabendbier, Joint und dann ab ans Steuer? Eine gefährliche Mischung! Wir beleuchten mit einem Experten die Gefahren von Alltags- und Mischkonsum im Straßenverkehr. Welche Konsequenzen drohen und wie gut sind Verkehrsteilnehmende informiert?
Ob im Club, auf Festivals oder beim Grillen mit Freundinnen und Freunden:
In der Freizeit genießen viele Menschen gerne einen Joint oder das eine oder andere Feierabendbier. Was nach harmlosem Freizeitgenuss klingt, kann im Straßenverkehr schnell lebensgefährlich werden. Unfälle häufen sich gerade am Wochenende und vor allem abends und nachts. „In diesen Zeiträumen ist die Wahrscheinlichkeit alkohol- und drogenbedingter Unfälle besonders hoch“, bestätigt Andreas Alberts, Vorsitzender des Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS) e.V. in der Landessektion Rheinland-Nord. Mit ihm haben wir über die Gefahren von Alltags- und Mischkonsum im Straßenverkehr gesprochen.
Warum sind Alltags- und Mischkonsum von Cannabis so gefährlich?
Alkohol und Cannabis wirken auf das Nervensystem: Alkohol beeinträchtigt unter anderem die Wahrnehmung, die Koordination und das Reaktionsvermögen. Cannabis kann ebenfalls unter anderem die Wahrnehmung verändern, die Reaktionsfähigkeit verlangsamen und wirkt individuell sehr unterschiedlich.

Beide beeinträchtigen auch die Aufmerksamkeit, die Konzentration und die Motorik sowie das Urteilsvermögen, sodass Verkehrsteilnehmende gefährliche Fahrmanöver und Regelverstöße schneller in Kauf nehmen. Insbesondere Menschen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, neigen dazu, ihre Fahrtüchtigkeit zu über- und Risiken zu unterschätzen.
Bei der Kombination beider Suchtmittel – dem sogenannten Mischkonsum – verstärken sich diese Effekte gegenseitig, und das mit gefährlichen Folgen. Schon kleine Mengen in Kombination reichen aus und Verkehrsteilnehmende können in kritischen Situationen nicht mehr schnell genug reagieren und schätzen zum Beispiel Geschwindigkeiten sowie Entfernungen falsch ein. Daher wird der Mischkonsum von Alkohol und THC unabhängig von Grenzwerten (Nulltoleranz) sanktioniert.
Konsum und Straßenverkehr: Welche Werte sollte man kennen?
In Deutschland gelten klare Grenzwerte für Alkohol und Cannabis am Steuer. Wer diese überschreitet, riskiert Bußgelder, Fahrverbote und weitere Strafen.
Fahranfängerinnen und -anfänger unter 21 Jahren oder in der Probezeit müssen unter allen Umständen nüchtern sein, wenn sie sich ans Steuer setzen. Das gilt sowohl für Cannabis als auch für Alkohol. Das Alkoholverbot in der Probezeit wird bei heutigen Fahranfängerinnen und -anfängern gut akzeptiert, berichtet Andreas Alberts. Sie ließen auch später eher das Auto stehen, wenn sie Alkohol getrunken haben.
Für Fahrende über 21 und außerhalb der Probezeit gelten folgende Grenzwerte für Alkohol und Cannabis: Wer mit 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut am Steuer erwischt wird, begeht laut Gesetz eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 3000 Euro geahndet werden kann. „Vor allem jungen Männern in der Altersgruppe zwischen 21 und 24 fällt es schwer, Alkohol und Autofahren konsequent zu trennen“, weiß Andreas Alberts. Frauen indes würden seltener als Männer durch Alkohol am Steuer auffallen.
Auch Fahrrad fahren unter Alkoholeinfluss ist gefährlich und kann rechtliche Folgen haben: Ab einem Blutalkoholwert von 1,6 Promille gilt man nach der aktuellen Rechtsprechung als absolut fahruntüchtig. Damit ist die Teilnahme am Straßenverkehr auf dem Rad eine Straftat, auch ohne erkennbare Ausfallerscheinungen. Hier muss man mit einer Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe rechnen, hinzu kommen zwei Punkte in Flensburg. Außerdem kann die Fahrerlaubnis für den Pkw entzogen werden, da die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen infrage gestellt wird.
Für Cannabiskonsumierende spielt hingegen der Tetrahydrocannabinol (THC)-Gehalt im Blutserum die ausschlaggebende Rolle. Seit dem 22. August 2024 gilt in Deutschland ein Grenzwert von 3,5 Nanogramm (ng) THC pro Milliliter Blutserum. Dieser Wert soll belegen, dass die Fahrtüchtigkeit tatsächlich beeinträchtigt ist und nicht nur ein früherer Konsum nachgewiesen wird. Denn im Gegensatz zu Alkohol kann ein zurückliegender Cannabiskonsum unter Umständen noch Tage und Wochen später nachgewiesen werden. Gerade dann, wenn er regelmäßig erfolgte. Es gibt keine sichere Faustregel, wie viel Cannabis man konsumieren könnte, um unter dem Grenzwert von 3,5 ng/ml zu bleiben. Ein einzelner Zug kann bereits dazu führen, dass der Grenzwert überschritten wird. Entscheidend sind individuelle Faktoren wie Toleranz, Konsumhäufigkeit, Stoffwechsel und Wartezeit. Ein höherer THC-Gehalt bedeutet ein Bußgeld von etwa 500 Euro sowie einen Monat Fahrverbot und zwei Punkte in Flensburg.
Wer Alkohol und Cannabis kombiniert konsumiert, muss das Kfz stehen lassen, denn hier gilt eine Nulltoleranz: Bereits geringe Mengen THC in Kombination mit anderen Substanzen wie Alkohol sind im Straßenverkehr verboten und können zu einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro, einer Strafanzeige und dem Fahrerlaubnisentzug führen.
Wie gut kennen Verkehrsteilnehmende ihre Grenzen beim Alltagskonsum?
Eine im Jahr 2024 vom damaligen Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) e.V. in Auftrag gegebene Umfrage untersuchte das Wissen und die Einstellungen zu Ruhezeiten, Grenzwerten und der Vertretbarkeit von Alkohol- und Cannabiskonsum im Straßenverkehr. Ziel war es, ein besseres Verständnis für die Risikowahrnehmung verschiedener Personen im Straßenverkehr zu gewinnen. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede zwischen allgemeinen aktiven Verkehrsteilnehmenden und Cannabiskonsumierenden.

Ruhezeiten nach Cannabiskonsum: Während fast ein Drittel der allgemeinen Verkehrsteilnehmenden eine Ruhezeit von über 24 Stunden nach Cannabiskonsum befürwortet, halten dies nur etwa zehn Prozent der Cannabiskonsumierenden für notwendig. Umgekehrt bevorzugt fast ein Drittel der Cannabiskonsumierenden eine Ruhezeit von mindestens 12 Stunden, während ein Viertel sogar sechs Stunden für ausreichend hält. Dies lässt darauf schließen, dass Cannabiskonsumierende die Nachwirkungen des Konsums und deren Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit unterschätzen.
Richtig ist: Die aktuell empfohlene Wartezeit nach Cannabiskonsum für gelegentlich Konsumierende beträgt mindestens 24 Stunden.
Fahrten unter Einfluss: In Bezug auf die Vertretbarkeit von Fahrten unter Einfluss halten 88 Prozent der allgemeinen Verkehrsteilnehmenden dies für nicht vertretbar, im Vergleich zu 67 Prozent der Cannabiskonsumierenden. Bei längeren Fahrten steigt dieser Wert auf 94 bzw. 68 Prozent. Auch hier zeigt sich eine deutlich geringere Risikowahrnehmung bei Cannabiskonsumierenden.
Wissen über Grenzwerte: Obwohl fast zwei Drittel der Cannabiskonsumierenden die gesetzlichen Grenzwerte kennen, ist es bei den allgemeinen Verkehrsteilnehmenden nur etwas mehr als die Hälfte.
Einige Ergebnisse deuten auf eine geringere Risikowahrnehmung bei Cannabiskonsumierenden hin. Der höhere Informationsstand der Cannabiskonsumierenden deutet auf eine erhöhte persönliche Relevanz des Themas für diese Gruppe hin.
Unfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss: Zahlen und Fakten
Die Umfragewerte zeigen: Aufklärung und Prävention sind beim Thema Alkohol und Drogen im Straßenverkehr immens wichtig. Denn noch immer ist die Zahl der durch Alkohol bedingten Verkehrsunfälle mit 35.119 (Stand: 2024) deutlich zu hoch. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden unter dem Einfluss von Drogen hat sich von 1991 bis 2024 sogar mehr als versiebenfacht – von 434 auf 3235.
Die Gründe für diesen immensen Anstieg in der Statistik können vielfältig sein. Zum einen ist der Anteil der jungen Erwachsenen mit Konsumerfahrung heute deutlich höher als früher: Im Jahr 2021 hatte bereits mehr als die Hälfte der 18- bis 25-Jährigen mindestens einmal Cannabis konsumiert. Im Vergleich: Zwischen 1973 und 1997 lag dieser Anteil in der Regel nicht mehr als 25 Prozent. Zum anderen haben sich die Methoden seitens der Polizei zur Erkennung von Drogenkonsum im Straßenverkehr dank Schnelltests für Speichel oder Urin deutlich verbessert.
Andreas Alberts, BADS
Aber auch beim Radfahren unter dem Einfluss von Alkohol kann es zu Unfällen mit Personenschaden kommen: „Etwa ein Viertel der alkoholbedingten Unfälle mit Verletzten, an denen Personen beteiligt sind, entfällt auf Radfahrende – sie folgen damit direkt hinter den Autofahrenden. In dieser Gruppe stellt Alkoholkonsum die zweithäufigste Unfallursache dar“, bestätigt unser Ansprechpartner vom BADS.
Wer kifft und trinkt, fährt nicht
Ob Feierabendbier, ein Gläschen Wein oder Kiffen: Wer am Straßenverkehr teilnimmt und aktiv ein Kfz steuern möchte, trägt die Verantwortung für sich und andere und muss in der Lage dazu sein. Das bedeutet, sich nur nüchtern hinter’s Steuer zu setzen. Und wer sich und andere nicht gefährden will, lässt das Fahrzeug nach dem Konsum von Alkohol oder Cannabis stehen. Unfälle unter Alkohol- und Drogeneinfluss können zu schweren Verletzungen, bleibenden Schäden, dem Verlust des Führerscheins und rechtlichen Konsequenzen führen. Im schlimmsten Fall sterben Menschen.
Zur Umfrage im Auftrag des BMDV und DVR zum Thema Cannabis im Straßenverkehr:

Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr (BADS)
Wer trinkt, fährt nicht – seit mehr als 70 Jahren ist der BADS in Deutschland die Adresse, um Verkehrsteilnehmende auf die Gefahren von Rauschmitteln am Steuer aufmerksam zu machen. Fachleute demonstrieren praxisnah unter anderem mit Fahrsimulatoren sowie einer Fülle von Seminaren, Filmen oder Vorträgen anschaulich, wie Alkohol und Drogen Aufmerksamkeit und Wahrnehmung einschränken. Mit #mehrAchtung kann der BADS gemeinsam mit den anderen Organisationen das Bewusstsein für eine verantwortungsvolle Teilnahme am Straßenverkehr deutlich steigern.
Bilder: Shutterstock


